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Größter Kelly-Fan von allen

MIT DEM ASB-WÜNSCHEWAGEN kann Dietmar „Didi” Lange seine Idole endlich live erleben

Eines von vielen Erinnerungsfotos: Dietmar Lange zusammen mit Wünschewagen-Ehrenamtlerin Brit Blochmann FOTOS: VOLKER BOHLMANN

Für Dietmar Lange beginnt und endet jeder Tag mit der Kelly Family. Morgens beim Waschen und Anziehen hört er ihre Musik von einer seiner vielen Kelly-CDs. Und abends vor dem Einschlafen fällt sein letzter Blick auf die Collagen mit Bildern der Band-Mitglieder, die die Wand über seinem Bett schmücken.

In der Awo-Seniorenresidenz ,,Strandperle" in Kühlungsborn, in der der 66-Jährige seit dem vergangenen Jahr wohnt und in der ihn alle nur „Didi“ nennen, weiß jeder von seiner Vorliebe für die Musikerfamilie. Weil die Musik aus seinem Zimmer mitunter im ganzen Erdgeschoss zu hören ist. Weil er schon mit seinem Türschild klarmacht, dass hier ein großer, wenn nicht der größte Kelly-Fan wohnt, denn unter seinem Namen prangt auch dort ein Foto der Kellys. Und weil der kleingewachsene Mann mit dem Down-Syndrom jedem von seinen Idolen zu erzählen versucht. Auch wenn man ihn mitunter nur schlecht versteht kann: Sein ,,Kelly, Kelly" ist unüberhörbar.

,,Die Damen hier im Haus, die die bunten Blätter lesen, denken deshalb immer an Didi, wenn es da drin eine Geschichte über die Kellys gibt, und reißen ihm die Seiten raus", erzählt Gundi Stoffel.

Sie gehört zum Pflegepersonal der Seniorenresidenz - und begleitet in ihrer Freizeit als Ehrenamtlerin Fahrten des ASB-Wünschewagens. Als sie im September erfuhr, dass die Kelly-Family Anfang Dezember mit ihrer Weihnachtstour auch in Schwerin Station machen würde, dachte sie sofort an Didi - und meldete für ihn eine Wünschefahrt an.

Der ist am Tag des großen Ereignisses schon eine Stunde vor der vereinbarten Abholzeit mit seinem Rollstuhl ins Foyer gefahren. So wenig hätte er in der Nacht zuvor geschlafen, zeigt er einen winzigen Abstand zwischen zwei Fingern. Trotzdem ist er hellwach und präsentiert jedem, der vorbeikommt, sein Fan-Shirt. Horst Böckenheuer, der als Corona-Tester in der Seniorenresidenz arbeitet, hat es eigens für ihn anfertigen lassen. Jetzt lässt er es sich nicht nehmen, zusammen mit Didi und Gundi Stoffel auf den Wünschewagen zu warten.

Als der eintrifft, ist mit Brit Blochmann sogar noch eine alte Bekannte mit an Bord: Die Palliativschwester hat vor ihrem Wechsel in ein anderes Awo-Pflegeheim in der Kühlungsborner Seniorenresidenz gearbeitet und kennt aus dieser Zeit Didi und seine Liebe zu den Kellys. Als die Anfrage kam, wer die Tour zum Konzert nach Schwerin begleiten würde, hat sie deshalb sofort zugesagt - dass sie morgens schon um halb 5 aufgestanden sei und am nächsten Tag genauso früh raus müsse, sei egal, versichert sie.

Auch Maik Eutin, der dritte Ehrenamtler an diesem Tag, muss regelmäßig schon vor 5 Uhr aus den Federn. Trotzdem ist er kurzfristig eingesprungen, als der ursprünglich eingeplante Fahrer absagen musste. Ein heimlicher Kelly-Fan, der so noch ins Konzert seiner Idole kommt, sei er nicht, beteuert Maik Eutin und erzählt dann, dass er doch eine ganz besondere Beziehung zu der Musikerfamilie hat: ,,Ich bin mit Kira, Angelos Frau, zur Schule gegangen."

Doch Angelo, der jüngste Kelly, geht mit seiner Familie eigene musikalische Wege. Zur ,,Mega Christmas Show" kommen nur Kathy, Patricia, Jimmy, John, Joey und Paul nach Schwerin. Didis Begeisterung tut das, nachdem auch der Wünschewagen in der Landeshauptstadt angekommen ist, keinen Abbruch. Mit großen Augen bestaunt er die Bühne in der Sport- und Kongresshalle und freut sich, dass er aus seinem Rollstuhl, der am Ende einer Stuhlreihe im Parkett stehen darf, beste Sicht nach vorn hat.

Leider ändert sich das, als die ersten Töne erklingen. Das Publikum in der beinahe ausverkauften Halle ist nicht mehr zu halten, fast alle um den Wünschewagen-Fahrgast herum stehen nun, halten ihre Handys in die Höhe oder klatschen und singen mit. Gundi Stoffel und Brit Blochmann retten die Situation, indem sie beherzt den Rollstuhl nach vorn schieben - im ersten Anlauf zwar ausgerechnet in einen Fluchtweg, wie ihnen die Sicherheitskräfte, die sie prompt zurückschicken, klarmachen. Doch schließlich finden sie einen Platz seitlich vor der Bühne, von dem aus auch Didi gut sehen kann.

Und die Bühnenshow mit ihren immer neuen Lichteffekten, Filmsequenzen, Feuerfontänen und Konfettiregen ist tatsächlich sehenswert. Zwei Stunden lang feiern die Kellys mit ihren Gästen die Weihnachtsparty des Jahres, präsentieren ein gut gemischtes Programm aus internationalen und deutschen Weihnachtslied-Klassikern und alten wie neuen Hits der Band. Laute Töne wechseln sich mit leisen ab, und immer wieder gibt es Gänsehautmomente: Jimmy singt für seine im vergangenen verstorbene Frühjahr Schwester Barby die anrührende Ballade ,,Hold my hand". Joey erinnert an den ersten Schweriner Auftritt der Kellys noch als Straßenmusikanten Anfang der 90erJahre und als er fragt, wer damals schon dabei war, heben sich im Publikum etliche Hände.

Patricia sorgt für Lacher, als sie ein Paar, das ,,so schön tanzt", auf die Bühne bittet und beide treuherzig fragt: ,,Ihr seid sehr verliebt, oder?" Tatsächlich sind die beiden, wie sich herausstellt, Mutter und Sohn- und die Sängerin rettet sich mit der Entschuldigung, dass sie keine Brille aufhabe. ,,Ich hab auch zwei Söhne, aber die wollen nicht mit mir tanzen", verrät sie dann vielleicht ändere sich das ja, wenn die Pubertät vorbei ist.

Didi lässt nicht erkennen, ob er das alles versteht - aber er zeigt ganz deutlich, wen von den Kellys er am liebsten mag: Wenn John ein Solo singt, strahlt er über das ganze Gesicht. Mit ihm, am besten aber mit allen Kellys ein Foto - das wäre das i-Tüpfelchen auf diesen für ihn sowieschon unvergesslichen Tag. Doch leider ließ der Konzertveranstalter bereits Tage zuvor sowohl gestellte Anfragen nach einem Fototermin des Wünschewagen-Fahrgastes mit seinen Idolen unbeantwortet. Immerhin: Mithilfe der Security gelingt es Maik Eutin, einen Wünschewagen-Teddy hinter die Bühne bringen zu lassen, auf dessen Shirt die Künstler noch schnell unterschreiben, bevor sie Schwerin schon wenige Minuten nach dem Schlussapplaus wieder verlassen. 

Auf der Rückfahrt lässt Didi den kleinen Bären nicht wieder los. Zusammen mit den Tickets soll er in Kühlungsborn einen Ehrenplatz bekommen. Und auch eine neue Fotocollage wird es geben, mit Erinnerungen an einen unvergesslichen Konzertabend und mittendrin der größte Kelly-Fan von allen. KARIN KOSLIK

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