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Teures Altern: Für wen eine private Krankenversicherung taugt

Die private Krankenversicherung lockt mit manchen Vorteilen. Doch sie lohnt sich für die wenigsten. Vor allem, weil die Beiträge im Alter nicht mehr sinken.

Vor allem für Familien ein kostspieliger Luxus: die private Krankenversicherung. Foto: Christin Klose/dpa-tmn

Wer beim Arzt besonders schnell einen Termin erhält, im schöneren Wartezimmer sitzt und im Krankenhaus Privatsphäre hat, der ist oft Privatpatient. Viele Menschen würden deshalb gerne zu einer privaten Krankenversicherung (PKV) wechseln. „Doch sinnvoll ist es nur für die wenigsten“, sagt Julia Alice Böhne, Pressereferentin beim Bund der Versicherten. „Die Vorteile bezahlen die Versicherten im Alter.“Wer in die PKV wechseln möchte, muss gewisse Voraussetzungen erfüllen. „Angestellte brauchen ein Einkommen, das in diesem und voraussichtlich auch dem kommenden Jahr über der sogenannten Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt“, sagt Böhne. 2022 beträgt diese Grenze brutto 64 350 Euro. Wer das erfüllt, für den entfällt zum Jahreswechsel die Versicherungspflicht bei den gesetzlichen Krankenkassen. Außerdem dürfen sich Selbstständige, Studierende und Beamte privat versichern.

„Wirklich sinnvoll ist das nur für Beamte und ihre Familien, weil sie von ihrem Dienstherrn Beihilfe bekommen“, sagt Harald Peschken, Präsident des Bundesverbands der Versicherungsberater.

Das bedeutet: Sie erhalten einen Zuschuss von mindestens 50 Prozent zu den Krankheitskosten wie etwa Behandlungen, Medikamente oder Krankenhausaufenthalte. Die Krankenversicherung muss also nur für den restlichen Teil der Ausgaben aufkommen. Dadurch sind ihre Beiträge sehr günstig und bleiben das auch, wenn die Beamten in Pension gehen. Denn im Alter zahlt der Dienstherr weiterhin die Beihilfe.

Alle anderen sollten sich einen Wechsel in die private Krankenversicherung gut überlegen. „Im ersten Moment wirkt die Absicherung in der PKV oft billiger als bei den Krankenkassen. Aber ab einem gewissen Zeitpunkt im Leben ist die private Krankenversicherung eigentlich immer teurer als die gesetzliche“, so Peschken.

Dafür muss man das Prinzip der PKV kennen: Für jedes Risiko ermitteln die Versicherer einen Einzelbeitrag. Das bedeutet, dass jede versicherte Person einen eigenen Beitrag bezahlen muss - auch Kinder und Ehepartner, die selbst nichts verdienen.

Wie viel die Krankenversicherung kostet, berechnet sich nicht nur nach dem konkreten Leistungsumfang des Tarifs, sondern auch nach Alter und Gesundheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Wer also wenige Leistungen versichert und jung und gesund ist, zahlt weniger.

„Für Familien rechnet sich das nicht“, sagt Peschken. In der gesetzlichen Krankenversicherung sind Kinder beitragsfrei mitversichert, das ist günstiger. Besonders aufpassen müssen Paare, wenn ein Partner nichts mehr verdient, etwa in der Elternzeit. Denn: „Auch dann fordert die private Krankenversicherung Beiträge“, sagt Peschken. So kann es finanziell schon mal eng werden.

Bei den Leistungen kann die private Krankenversicherung den Leistungskatalog der gesetzlichen schlagen. „Wer bessere Leistungen haben will, muss aber auch viel zahlen“, sagt Peschken. Günstiger ist die PKV also nicht unbedingt. Und: „Die gesetzliche Krankenversicherung ist viel besser als ihr Ruf. In Teilbereichen leistet sie sogar deutlich mehr als die privaten Anbieter.“

Das gilt zum Beispiel beim Kinderkrankengeld, denn das bezahlt die PKV nicht. Aber auch bei Psychotherapien, Hilfsmitteln wie etwa Rollstühlen oder Anschlussbehandlungen kann die Leistung der Tarife deutlich hinter denen der gesetzlichen Krankenkassen zurückbleiben.

Auch wenn die Beiträge anfangs oft sehr günstig sind, mit der Zeit steigen sie. „Da laufen im Alter viele ins Messer“, sagt Böhne. Laut Verband der Privaten Krankenkassen sind die Beiträge seit 2012 durchschnittlich um 2,6 Prozent jährlich gestiegen-und damit etwas weniger als in der GKV. Einzelne Tarife hätten sich in der Vergangenheit durchaus auch mal um 20 Prozent verteuert. „Ich kenne Fälle, in denen Menschen mehr als 1000 Euro monatlich zahlen müssen“, sagt Peschken.

Für die Versicherten kann aber selbst eine moderate Teuerung im Rentenalter ein Problem werden. Auch bei Selbstständigen, die oft nur wenig für das Alter vorsorgen. Denn die Beitragshöhe nimmt keine Rücksicht auf den Verdienst.

„Wer weniger zahlen möchte, muss dann die Leistungen kürzen oder die Selbstbeteiligung hochfahren. Das ist aber im Alter, wenn man auf die Versicherung besonders angewiesen ist, sehr ungünstig“, so Böhne. In der gesetzlichen Krankenversicherung sinken dagegen die Beiträge bei niedrigem Einkommen.

Das Problem ist: Wer sich einmal für die private Krankenversicherung entscheidet, kommt da nur schwer wieder raus. „Besonders ab 55 Jahren ist eine Rückkehr in das gesetzliche System nahezu unmöglich. Das ist vielen nicht bewusst, wenn sie einen Vertrag unterschreiben“, sagt Böhne.

Wer sich also im Alter seine Beiträge nicht mehr leisten kann, sitzt dennoch in der PKV fest. Und wer vorher zurück möchte, braucht eine sozialversicherungspflichtige Anstellung mit einem Einkommen unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze. Das gilt auch für Selbstständige.

Wer sich also privat versichern möchte, sollte keine Kinder planen und ein dauerhaft hohes Einkommen oder Vermögen haben - so lassen sich auch die hohen Beiträge im Alter noch finanzieren. Für alle anderen ist die gesetzliche Krankenversicherung in der Regel besser geeignet. „Wer auf gewisse Leistungen wie Einzelzimmer oder Chefarztbehandlung nicht verzichten möchte, kann dafür private Zusatzversicherungen abschließen“, rät Peschken. Annika Krempel, dpa