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Unfallflucht? Kein Kavaliersdelikt! Rechtstipps von Rechtsanwältin Juliane Böhm aus Neuruppin

Nicht einfach vom Unfallort entfernen. FOTO: DPA

PRIGNITZ. Auf dem Parkplatz oder beim Befahren enger Straßen ist eine kleiner Zusammenstoß schnell passiert. Wer sich jedoch dann einfach schnell aus dem Staub macht, kann eine Unfallflucht begehen. Eine Unfallflucht kann erhebliche Konsequenzen haben und ist kein Kavaliersdelikt.

1. Zum einen kann der Straftatbestand des unvom erlaubten Entfernens Unfallort (§ 142 StGB) gegeben sein und damit eine Strafverfolgung nach sich ziehen. Dabei wird zumeist eine Geldstrafe verhängt.

2. Des Weiteren geht die Verurteilung aber vor allem auch mit einem Fahrverbot oder gar einer Entziehung der Fahrerlaubnis einher. Nach § 69 StGB kann die Fahrerlaubnis entzogen werden, der Täter weiß oder wissen kann, dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist. Die Wertgrenze für die Annahme des bedeutenden Schadens wird von den Gerichten nicht einheitlich beantwortet.

3. Auch ein Radfahrer kann Unfallflucht begehen.

4. Der eigene Versicherungsschutz bei der Kaskoversicherung kann u.U. entfallen.

5. Häufig unterschätzt wird jedoch, dass u.U. im Falle einer Regulierung die eigene Haftpflichtversicherung vom Versicherungsnehmer und soweit dieser und Fahrer verschiedene Personen sind, auch vom Fahrer den Schaden zumindest teilweise zurückfordern kann. Bei einer Obliegenheitsverletzung - die bei einer vorsätzlichen Unfallflucht regelmäßig vorliegt - können bis zu 2.500 Euro zurückgefordert werden, bei einer besonders schwerwiegenden vorsätzlichen Verletzung der Aufklärungs- oder Schadensminderungspflicht bis zu 5.000 Euro.

6. Der berühmte Zettel hinter der Windschutzscheibe reicht nicht, stattdessen hilft nur Warten und nach Zeitablauf die Meldung bei der Polizei.

7. Die eigene Rechtsschutzversicherung hilft nicht mehr bei einem Strafverfahren, wenn eine Verurteilung wegen einer Vorsatztat erfolgt. Sollte also eine gerichtliche Verurteilung oder ein rechtskräftiger Strafbefehl wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort vorliegen, entfällt der Rechtsschutz rückwirkend und es werden ggf. erfolgte Zahlungen der Rechtsschutzversicherung durch diese zurückgefordert. Dagegen erfolgt keine Rückforderung wenn das Verfahren mit oder ohne Auflage eingestellt wird.

8. Wer sich zu Unrecht in einem Ermittlungsverfahren wegen Unfallflucht beschuldigt sieht, sollte frühzeitig, möglichst vor der ersten Aussage aber auch noch im weiteren Verfahren rechtlichen Rat einholen. Nicht jedes Wegfahren ist auch eine Unfallflucht und nicht für jeden kommt dieselbe Strafe in Betracht.

9. Für den Geschädigten sind gerade Zeugen unerlässlich, um seinen Schaden von der Versicherung zurückzuerhalten. Daher sollte ein Zeuge beim Geschädigten seine Angaben/ Feststellungen zum Unfall und insbesondere auch das Kennzeichen hinterlassen.

10. Ein Rechtsanwalt kann Akteneinsicht nehmen. Sodann kann das weitere Vorgehen besprochen werden. Wie immer gilt, es kommt auf die Umstände des Einzelfalles und daher auch auf Nachweise und Argumentationen an.

RECHTSANWÄLTIN JULIANE BÖHM, NEURUPPIN & WITTENBERGE
FACHANWÄLTIN FÜR VERKEHRSRECHT UND FÜR ERBRECHT